Norman Colin Dexter war eigentlich Lehrer, obwohl er uns vor allem in Erinnerung bleiben wird als der Autor, der den etwas griesgrämigen, aber höchst unterhaltsamen (alten) Inspektor Morse schuf. In immerhin 13 Romanen, einer Kurzgeschichtensammlung und einem ganzen Haufen an Serienskripten, die mittlerweile in 50 Ländern bekannt sind. Und auch wenn Dexter Millionen mit Morse gemacht hat, lebte er bis zuletzt in seinem bescheidenen Vierzimmer-Haus in Oxford.
Die erste Morse-Geschichte schrieb Dexter 1972: „Last Bus to Woodstock“. Es wird unermüdlich erzählt, dass er damals mit seiner Familie in Wales weilte, wo komplett verregnet war es (wie auch sonst?). Und was macht man mit Langeweile und einer eher schlechten als rechten Auswahl an Krimiliteratur in einem Hotel? Na klar: Man schreibt eine erstmal mittelmäßig gute Kriminalgeschichte, die man später ausfeilt und darauf ein ganzes Whodunit-Universum aufbaut.
Die 33 Episoden vom alten „Inspector Morse“ mit John Thaw als Morse und Kevin Whately als seinem Assistenten Lewis liefen in Großbritannien schon von 1987 bis 2000 im TV. Dexter selbst trat in mehreren dieser Folgen als Cameo auf.
In Deutschland hatte Dexters Morse jedoch keinen leichten Start. Auch wenn seit 1985 alle Morse-Romane auf Deutsch zur Verfügung stehen, wurde die Fernsehserie doch nie vollständig synchronisiert oder gar in der Primetime gezeigt, bis auf wenige Folgen, die um das Jahr 1989 im zweiten DDR-Fernsehen liefen.
Erst viel später, 2017, erreichte das Morse-Fieber auch uns, ironischerweise mit dem „Jungen Inspektor Morse“, mittlerweile in der sechsten Staffel. Glücklicherweise ist mit diesem geschickten Kunstgriff eines Prequels gelungen, die Geschichte des genialen Ermittlers Morse weiterzuerzählen, besser gesagt: von Anfang an.
Und wer mehr will, kann sich danach an die alten Morse-Folgen machen – in Deutschland zumindest an die erste Staffel im Originalton mit deutschen Untertiteln auf DVD und als Download.
Erfolgreicher Spin-off: „Lewis – der Oxford-Krimi“
Und noch eine erfolgreiche Weitererzählung innerhalb des Morse-Universums ist geglückt: Der Spin-off „Lewis“ erfreute sich sowohl in Großbritannien als auch bei uns von Anfang an großer Beliebtheit. Der in der alten Morse-Serie noch recht junge Assistent Robert „Robbie“ Lewis kehrte 2006 mit einer eigenen Serie zurück, in der er mittlerweile zum Detective Inspector befördert wurde und einen eigenen Assistenten, den kongenialen James Hathaway (Laurence Fox), hat. Besetzt wurde die Rolle des Lewis‘ mit dem Originalschauspieler von damals: Kevin Whately. In 33 Folgen lösen die liebenswerten Ermittler ihre gediegenen Mordfälle in der altehrwürdigen Universitätsstadt Oxford.
Wie ehemals (der alte) Morse und Lewis, ergänzen sich auch Lewis und Hathaway trotz oder gerade wegen ihrer unterschiedlichen Charaktere perfekt. Mit Lewis‘ immensem Erfahrungsschatz und untrüglichem Gespür, kombiniert mit dem analytischen Verstand des kultivierten Ex-Theologiestudenten Hathaway, lösen sie die kompliziertesten Morde in sympathischer Old-school- Manier – gewaltfrei, aber dennoch schlagfertig …
Gut 30 Jahre, nachdem Whately die Rolle des Lewis erstmals für „Morse“ angenommen hatte, kehrte er ihr Ende 2015 den Rücken. Aber die neun abgedrehten Staffeln von „Lewis“ sind auch auf Deutsch in einer Sammelbox zu sehen und zu haben – zum Glück!